Ein Ausflug zum Wrack der Rosalie Moller
05.05.2022
Ein Ausflug zum Wrack der Rosalie Moller
Wracks gibt es bei uns im Roten Meer ja reichlich und die Auswahl ist groß. Wir haben das Glück, einige der berühmtesten Wracks auf unseren Ausfahrten in einem Tag erreichen zu können. Dazu zahlen die 4 Wracks von Abu Nuhas und auch die Thistlegorm. Und dann gibt es noch ein Wrack, auf das sich die echten Fans am meisten freuen. Die Rosalie Moller. Sie liegt ca. 3,5 Fahrstunden von uns entfernt westlich von Gubal Kebir und ist, so wie die anderen Wracks im Norden auch, nur bei windstillem Wetter erreichbar. Da sie recht tief liegt, bleibt das Tauchvergnügen hier fortgeschrittenen Tauchern vorbehalten. Vor zwei Tagen war es endlich mal wieder so weit. Die Bedingungen waren ideal, die Wrackfans voller Vorfreude und ganz früh am Morgen, um 7 Uhr, hieß es Leinen los und auf gehts, wir machen einen Ausflug zum Wrack der Rosalie Moller!
Noch etwas schläfrig, aber auch hungrig machten sich die Gäste erstmal über das üppige Frühstücksbuffet auf der Noras her. Und da ja bekanntlich Essen auch verdaut werden muss, ging es für die meisten zunächst in die Horizontale für ein Nickerchen, begleitet vom angenehmen Fahrtwind und der wärmenden Sonne. Nach ca. 2,5 Stunden begann Maxl, der uns als Tauchguide zusammen mit Florian und Divemaster Julian begleitete, bereits mit dem Briefing. Ausführlich erklärte er die Besonderheiten des Tauchganges aufgrund der größeren Tiefe und wir erfuhren auch einiges über die spannende Geschichte der Rosalie Moller.
Ein Wrack mit einer spannenden Geschichte
Die S.S. Rosalie Moller war knapp 110 m langes und 16 m breites Frachtschiff. Im schottischen Glasgow lief das Schiff Januar 1910 vom Stapel und wurde in Liverpool unter dem Namen Francis registriert. 1931 wurde das Schiff an die skandinavische Reederei Moller Line verkauft und in Shanghai unter britischer Flagge und mit ihrem neuen Namen Rosalie Moller registriert. In den nächsten Jahren war sie östlich von China unterwegs. 1938 hat man sie schließlich zur Revision nach Liverpool zurückbeordert. Frisch renoviert transportierte das in die Jahre gekommene Schiff von 1941 an Kohle zu den englischen Flottenstützpunkten im Zweiten Weltkrieg.
Ihre letzte Reise führte von Südafrika, wo sie am 11. September 1941 aufbrach, Richtung Alexandria. Die Rosalie Moller passierte schließlich die Meerenge am Horn von Afrika und überquerte das Rote Meer Richtung Norden bis zur Straße von Gubal. Frühmorgens am 8. Oktober 1941, zwei Tage nach dem Bombenangriff auf die Thistlegorm, wurde sie von zwei deutschen Heinkel Bombern angegriffen, während sie friedlich vor Anker lag. Nachdem sie von zwei Bomben in der Nähe der Laderäume 4 und 5 getroffen war, sank sie sofort. Zwei von den 30 an Bord befindlichen Seeleuten starben, der Rest konnte sich in Sicherheit bringen.
Mit diesen Informationen ausgestattet, machten wir uns bereit zur Wrackbesichtigung und kaum lag unser Tauchboot als einziges Boot sicher direkt über dem Wrack der Rosalie, ging es endlich hinab in die Tiefe und in die Vergangenheit. Die Rosalie Moller liegt aufrecht auf ca. 50 m Grund und ist bis auf das große Einschussloch auf der Steuerbordseite noch komplett erhalten. Das Wrack erscheint beim Abtauchen am Seil im mystischen Licht plötzlich wie aus dem Nichts und der eigentliche Tauchgang beginnt in einer Tiefe von ca. 30 m.
Auf gehts, hinunter zur Rosalie
Hier unten ist es relativ strömungsfrei und man kann sich entspannt auf Erkundungstour begeben. Da die Nullzeit natürlich ziemlich kurz ist, nimmt man sich normalerweise das Schiff in zwei Etappen vor. Zunächst ging es für uns in Richtung Heck über das Deck mit seinen Aufbauten und Kohlekammern. Schließlich ein kurzer Blick auf die Schraube, deren oberes Ende auf 40 m liegt. Dann tauchten wir gemütlich wieder zurück und leuchteten hier und da hinein, um uns nach ca. 20 Minuten Tauchzeit wieder an den Aufstieg zu machen. Nach den erforderlichen Sicherheitsstopps kehrten wir zurück an Bord und bereits jetzt leuchteten alle Augen und die Oberflächenpause ging gefühlt viel zu langsam vorbei, denn wir wollten unbedingt nochmal hinunter, um uns den Rest der Rosalie anzusehen.
Beim zweiten Tauchgang nahmen wir uns den Bug des Schiffes vor. Wieder überquerten wir das Schiff, kamen an der Brücke vorbei und erreichten schließlich den Bug. Hier ist es immer ein Erlebnis, noch ein bisschen weiter ins Freiwasser zu tauchen und sich den Schiffsbug dann komplett anzusehen. Ein majestätischer Anblick! Auch beim zweiten Tauchgang kehrten wir nach ca. 20 Minuten an die Leine zurück, um in Ruhe aufsteigen zu können. Dann war es leider schon wieder vorbei und wir verabschiedeten uns von der Rosalie Moller und ihren zahlreichen Meeresbewohnern.
Auf der Heimfahrt genossen wir erst ein großartiges Mittagessen, das wir uns nach den beiden Tauchgängen auch redlich verdient hatten und dann die sonnige Heimfahrt zurück zur Tauchbasis. Was bleibt, ist die Erinnerung an einen fantastischen Tag mit fantastischen Tauchgängen, einer tollen Crew und ebenso tollen Tauchguides. Auf die Frage ‘Lohnt es sich denn, für so kurze Tauchgänge eine so lange Fahrt auf sich zu nehmen?’ gibt es nur eine Antwort. Es lohnt sich! Und das nicht nur einmal, sondern immer wieder!